Welche Aufgaben hat ein Projektleiter? Ein Leitfaden
Aufgaben als Projektleiter: Ein Leitfaden für frischgebackene Leiter
Erfahrungsgemäß ist es so, dass ein berufserfahrener Mitarbeiter die Leitung eines ERP-Projekts übernimmt. Dies hat natürlich einige Vorteile. Er verfügt über ein gutes Fachwissen und ist mit den bereichsinternen Abläufen – und Aufgaben als Projektleiter – bestens vertraut. Außerdem kann er seine Kollegen gut einschätzen und somit bei der Zusammensetzung des Projektteams wertvolle Empfehlungen aussprechen. Aber wie so oft – wo es Licht gibt, fällt auch Schatten. Bei der Projektleitung stehen Führungsaufgaben klar im Vordergrund. In vielen Unternehmen gehört es mittlerweile zum Alltag: Ein Mitarbeiter soll plötzlich ein Team leiten und die Verantwortung für ein komplexes ERP-Projekt tragen – und das, obwohl er normalerweise nicht mit den Aufgaben der Projektleitung in Berührung kommt. Was dabei nicht berücksichtigt wird: Die Anforderungen an einen Projektleiter sind mit denen, die beispielsweise an einen technischen Mitarbeiter gestellt werden, nicht zu vergleichen.
Eine naturgemäß schwierige Situation, bei der Rollenkonflikte vorprogrammiert sind. Problematisch wird es, wenn die individuellen Fähigkeiten des Mitarbeiters nicht zu dem Rollenprofil einer typischen Führungskraft passen – oder es schlichtweg an Berufserfahrung mangelt. Sich neuen Herausforderungen zu stellen ist natürlich prinzipiell nichts Schlechtes. Oft resultiert diese Konfrontation aber in Überforderung, woraus sich leicht Fehlentscheidungen und Konflikte entwickeln. Gerade bei einem ERP-Projekt, in das viel Zeit und andere Ressourcen investiert werden, ist das natürlich kontraproduktiv. In diesem Beitrag sind einige nützliche Tipps zusammengefasst, die Ihnen als Neuling im Projektmanagement den Start vereinfachen sollen.
Vor Projektbeginn – strukturiert an neue Aufgaben herangehen
Bevor Sie es sich nun aber anders überlegen – mit einer guten Vorbereitung und einem guten Team können Sie Ihren Aufgaben als Projektleiter gelassen entgegensehen. Die ersten wichtigen Punkte können Sie bereits vor Projektbeginn umsetzen. Grundsätzlich gibt es drei Bereiche, die Ihren Erfolg als Projektleiter ohne direkte Vorgesetztenfunktion beeinflussen.
- die sachliche, organisatorische Managementebene
- die menschliche, persönliche Kollegenebene
- das eigene Rollenverständnis
Die Managementebene
Die Durchführung eines ERP-Projekts ist immer eine temporäre Doppelbelastung für die einzelnen Teammitglieder. Ein Umstand, dem sich jeder bewusst sein sollte, wenn er bei der Projektumsetzung mitwirken möchte. Trotzdem ist die vorübergehende Mehrarbeit oft die Quelle von Konflikten. Der Grund dafür ist schnell gefunden.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung
Nehmen wir an, Sie haben sich vor Beginn des Projekts nicht mit dem Abteilungsleiter Ihres Key-Users zur Abstimmung zusammengesetzt – einfach, weil Sie nicht wussten, dass es wichtig ist. Das Projekt beginnt und Sie als Projektleiter sowie der Abteilungsleiter fordern weiterhin gleichermaßen die Aufmerksamkeit des Mitarbeiters. Sie delegieren Aufgaben an ihn, dieser ist weiterhin seinem regulären Vorgesetzten unterstellt und muss das normal anfallende Tagesgeschäft ebenfalls managen. Ihrem Key-User fällt es zunehmend schwer, die Aufgaben des Projekts mit dem Tagesgeschäft zu vereinen und allen gerecht zu werden. Nun hat er zwei Möglichkeiten: Entweder er kommuniziert rechtzeitig, dass er überfordert ist und Hilfe benötigt oder er lässt die Situation weiterlaufen wie bisher. Dabei bleibt entweder eine Seite ganz auf der Strecke oder beide Seiten werden nur halbherzig erledigt. Am Ende sind es die Key-User, die mit Gegenwind aus der Abteilung sowie ihren Projektpartnern rechnen müssen – und zudem viele Überstunden machen müssen. Das Ergebnis sind meistens überarbeitete, frustrierte Projektmitarbeiter, die sich in Zukunft sicher nicht noch einmal zur Verfügung stellen.
Involvieren Sie die Vorgesetzten Ihrer Key-User
Zum Glück ist dies eine Situation, die Sie einfach umgehen können. Der Schlüssel zum Erfolg lautet wie so oft: Kommunikation. Wird ein Key-User nicht ausreichend unterstützt, gehört es zu Ihren Verantwortlichkeiten, sich mit dem jeweiligen Abteilungsleiter zusammenzusetzen. Suchen Sie am besten bereits vor Beginn des Projekts das Gespräch zum Abteilungsleiter und finden Sie gemeinsam eine Lösung. Ein Schritt, den Sie unbedingt sicherstellen sollten – denn Sie als Projektleiter verfolgen andere Ziele als die Abteilungsleiter. Unterschiedliche Interessen, Richtlinien und strittige Punkte können Sie so klären, ohne es auf dem Rücken der Mitarbeiter auszutragen. Um das Projekt erfolgreich umzusetzen und das Tagesgeschäft am Laufen zu halten, müssen alle an einem Strang ziehen – auch wenn das bedeutet, mal eine Aufgabe für den Kollegen zu übernehmen oder eine Stunde länger zu arbeiten. Machen Sie allen Beteiligten klar, dass dies eine temporäre Umstellung ist, die am Ende dem gesamten Unternehmen zu Gute kommt.
„Das bisschen Projektmanagement macht sich von allein“
Gleiches gilt im Übrigen auch für Sie als Projektleiter. Das mag nun vielleicht übertrieben klingen, aber ein Projekt zu leiten ist sozusagen ein Fulltime-Job. Ein ERP-Projekt muss kontinuierlich gemanagt werden und benötigt viel Aufmerksamkeit und Koordination: Sie stehen in ständigem Kontakt und Austausch mit Geschäftsführung, Key-Usern, Abteilungsleitern und dem Kunden.
Die Kollegenebene
Machen Sie sich frühzeitig mit Ihrem Projektteam vertraut
Damit Sie Ihre Aufgaben als Projektleiter gut und gewissenhaft durchführen können, sollten Sie sich vorher mit den einzelnen Teammitgliedern auseinandersetzen. Falls Sie die Möglichkeit haben, versuchen Sie bei der Zusammensetzung des Teams mitzuwirken. Es ist Teil der Führung, die Stärken und Schwächen einzelner Mitarbeiter zu beobachten und ihnen Raum zur Weiterentwicklung zu bieten. Nur wenn Sie Ihr Team gut kennen, können Sie gezielt Aufgaben verteilen und das Team koordinieren. Fragen, die Sie sich stellen können:
- Was sind die Stärken und Schwächen meiner Key-User?
- Wie sind die Beziehungen der Key-User zu Ihren Kollegen?
- Wo liegen fachliche Kompetenzen?
Gerade wenn Sie mit Kollegen zusammenarbeiten, mit denen Sie sonst vielleicht weniger zu tun haben, macht ein Kick-Off-Termin Sinn. So können Sie sich vor Projektbeginn zusammensetzen und alle miteinander bekannt machen.
Das eigene Rollenverständnis
Der bereits weiter oben angesprochene Rollenkonflikt ist die wohl schwierigste Herausforderung, die Sie als Projektleiter meistern müssen. Es gibt unzählige Möglichkeiten und Arten der Steuerung eines Teams. Welche gibt es und wie findet man die Richtige? Im Grunde strahlt jemand in Ihrer Position schon eine gewisse Grundautorität und Kompetenz aus. Sie können entweder alles bis ins kleinste Detail erklären und jede Entscheidung rechtfertigen – oder Ihr Team einfach vor vollendete Tatsachen stellen. Sie können sich Ihren Kollegen wie gewohnt auf Augenhöhe nähern, als Coach auftreten oder einfach nur plumpe Anweisungen geben. Was Sie sich dabei unbedingt vor Augen halten sollten: Im Alltag arbeiten Sie auf Augenhöhe miteinander, erledigen womöglich gleiche oder ähnliche Aufgaben. Durch die Rolle als Projektleiter steigen Sie, wenn auch nur auf Zeit, auf der Hierarchieleiter automatisch eine Ebene nach oben. Sie nehmen eine Art Vorgesetztenfunktion ein. Nutzen Sie diese Situation nun aus und verteilen lediglich Anweisungen, werden Sie bei Ihren Kollegen nicht gerade mit Sympathie punkten – und Ihre Akzeptanz ist sicherlich schnell beeinträchtigt.
Projekterfolg vs. Kollegenbeziehung
Der Wunsch eines jeden Projektverantwortlichen ist natürlich Teamarbeit unter Mitarbeitern, um das Projekt zügig über die Bühne zu bringen. Darauf können und sollten Sie sich aber nicht verlassen. Im Zweifelsfall müssen Sie durchgreifen können, um das Projekt und die Mitarbeiter wieder auf die richtige Bahn lenken. Am Ende des Tages sind Sie für die Erreichung und den Erfolg des Projekts verantwortlich. Erfolg wird daran gemessen, ob Sie die Projektziele termingerecht und unter Einhaltung des Budgets umgesetzt haben. Wie die Mitarbeiter Sie oder Ihre Methoden dabei finden, spielt im Endeffekt keine Rolle. Es gibt aber auch noch einen Arbeitsalltag nach dem Projekt – und sicherlich wünschen Sie sich auch weiterhin eine gute Beziehung zu den Kollegen. Wie sollten Sie nun am besten mit der Situation umgehen?
Finden Sie eine gute Balance
Wahrscheinlich befinden Sie sich in einer ungewohnten Situation und es fällt Ihnen schwer, Anweisungen zu geben. Versuchen Sie, einen Kompromiss zu finden, mit dem alle Beteiligten zufrieden sind. Machen Sie deutlich, dass Sie Ihre Aufgabe gut machen möchten – und dass es nun mal dazu gehört, Aufgaben an andere zu delegieren. Bleiben Sie dabei authentisch und gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Versuchen Sie Ihr Team für das Projekt zu begeistern und eine gute Atmosphäre zu erzielen. Sehen Sie sich als eine Art Moderator, der die Verantwortung für die Ergebnisse trägt. Eine Regel, die dabei wirklich immer gilt: Egal wie gestresst Sie sind, behandeln Sie jeden Mitarbeiter mit Respekt – ohne Ausnahme.
Wichtige Bereiche und Basiswissen
Mit diesen definierten Bereichen sollten Sie sich vor Projektbeginn außerdem auseinandersetzen:
- Ablauf- und Terminplanung
- Kostenplanung
- Risikomanagement
- Projektcontrolling
- Projektorganisation und -dokumentation
Die Umsetzungsphase – was sollten Sie sonst noch beachten?
Formulieren Sie klare Ziele
Nur wer Entscheidungen trifft und weiß, wohin er will, kann auch dort ankommen. Besprechen Sie so detailliert wie möglich mit dem Kunden, welche Anforderungen er an das Projekt hat. Gerade bei sehr technikorientierten Projekten wie einer ERP-Einführung ist dies schwierig: Der Kunde hat oft wenig Vorstellung von den technischen Optionen. Eine gute Möglichkeit, diese verständlich aufzuzeigen, ist zum Beispiel ein Workshop. Sie sollten Projektziele und Meilensteine aber nicht nur mit dem Kunden, sondern auch vorab im Team besprechen. Was sollte bis wann erledigt sein? Welche Zwischenziele gibt es? Laufen Sie nicht ohne Plan los, sondern erarbeiten Sie einen klaren Auftrag mit klaren Zielen und notwendigen Zeitvorgaben. Wie Sie konkrete Ziele definieren, lesen Sie hier.
Delegieren Sie als Projektleiter Aufgaben
Als Projektleiter hat man oft das Gefühl, alles selbst machen zu müssen. Dabei sollte Arbeit in Projekten immer Teamwork sein. Wer sich zu viel zumutet und die Kontrolle nicht abgeben kann, riskiert schnell eine Situation der Überforderung. Wie weiter oben bereits erwähnt, sollten Sie als Projektleiter die Stärken und Schwächen einzelner Teammitglieder kennen. Dementsprechend sinnvoll können Sie die Aufgaben verteilen. Dabei sollten Sie darauf achten, dass diese termingerecht, effizient und vollständig erledigt werden. Formulieren Sie klar die Aufgabe und das Ergebnis, das Sie erwarten. Es ist nicht Ihre Aufgabe, sich danach noch einzumischen oder die Aufgabe gar selbst zu erledigen. Was natürlich nicht heißen soll, dass Sie kein offenes Ohr mehr haben sollen, falls es Probleme gibt. Arbeit zu delegieren hat einige Vorteile. Es hilft Ihnen dabei, sich selbst zu entlasten und nicht in Stress zu geraten. Sie können sich auf Ihre eigenen Aufgaben fokussieren und bieten anderen die Chance zu lernen. Sie können nicht in allen Bereichen ein Experte sein. Nutzen Sie das fachliche Potenzial der gesamten Gruppe, so kann jeder tun, was er am besten kann.
Kommunizieren Sie Erfolge und Probleme
Um eines vorwegzunehmen: Egal wie gut Sie alles planen und vorbereiten – die Wahrscheinlichkeit, dass Sie im Laufe des Projekts vor einem Problem stehen und nicht weiter wissen, ist recht groß. Nun heißt es: den Kopf nicht in den Sand stecken. Probleme sollten Sie direkt offen im Team kommunizieren. Oft ist es so, dass ein ausgesprochenes Problem schnell keines mehr ist. Sie können nicht alles wissen. Die Chance, dass jemand eine passende Lösung für das Problem kennt, ist im Team viel größer. Zudem motiviert ein gemeinsam gelöstes Problem das ganze Team. Neben Problemen sollten Sie aber natürlich auch gute Leistungen und Meilensteine loben, im Team sowie beim Kunden.
Setzten Sie sich mit den Risiken auseinander
Was, wenn der Key-User plötzlich krank wird oder der Kunde unzufrieden ist? Was, wenn die Einführung nicht termingerecht umgesetzt werden kann oder der Server abstürzt? Diese oder ähnliche Fragen könnten Ihnen als Projektleiter schlaflose Nächte bereiten. Ein ERP-Projekt bedeutet immer Chance und Risiko zugleich. Risiken gehören zum Projektalltag dazu, Sie können sie nicht ausschließen. Was Sie aber tun können, ist sich ihrer bewusst zu sein. Vor Beginn des Projekts sollten Sie sich Gedanken darüber machen, welche fachlichen Worst-Case-Szenarien eintreten könnten. Fragen, die Sie sich stellen können:
- Was ist die schlimmste anzunehmende Situation, die eintreten kann?
- Welche Probleme können sonst noch auftreten?
- Welche Auswirkungen haben die Probleme auf das Projekt?
- Ist es möglich, die Eintrittswahrscheinlichkeit zu senken?
- Welche Schritte muss ich einleiten, sollte das Problem eintreten?
Risiken sollten Sie immer in der Termin- und Kostenplanung kalkulieren. Ein aktiver Umgang mit Risiken bringt Ihnen Sicherheit.
Planen Sie die Kommunikation untereinander
Bei schlecht organisierten Projekten kommt es vor, dass Arbeit doppelt oder gar nicht erledigt wird – oder man nicht genau weiß, wer für was verantwortlich ist. Besonders effizient ist das nicht. Besonders dann nicht, wenn man ein begrenztes Zeitfenster hat. Auch hierfür gibt es eine simple Lösung. Fertigen Sie eine Liste an, die jedem zugänglich ist. Diese Punkte könnte Ihre Liste beinhalten:
- Welche Personen sind am Projekt beteiligt?
- Welche Funktion haben diese Personen im Projekt?
- Wie kann man die Personen erreichen? Wie wird generell untereinander kommuniziert?
- Wer ist Ansprechpartner bei Fragen und Problemen?
- Wer hat welche Aufgaben und bis wann müssen diese erledigt sein?
- Wann finden Meetings statt?
- Welche Punkte werden beim Meeting besprochen?
- Wer dokumentiert die besprochenen Punkte?
- Muss jeder an dem Meeting teilnehmen?
Sind Aufgaben visuell konkret zugeteilt und für alle einsehbar festgehalten, neigen Menschen dazu, diese auch zeitnah und gewissenhafter zu erledigen. Niemand möchte derjenige sein, dem alle hinterherlaufen müssen und auf den man sich nicht verlassen kann.
Nach dem Projekt ist vor dem Projekt
Die Projektbeteiligten fiebern dem Stichtag entgegen. Man könnte also meinen, dass das Projekt nach erfolgreicher Umsetzung aller Phasen auch tatsächlich einen Abschluss findet. Sie als Projektleiter haben danach allerdings noch einige Schritte zu erledigen. So sollten Sie beispielsweise dokumentieren, ob sich der Aufwand aus wirtschaftlicher Sicht gelohnt hat und alle wichtigen Ergebnisse festhalten.
Fazit: Aufgaben eines Projektleiters
Wie Sie merken, können Sie einige Punkte bereits vor Projektbeginn angehen. Auch wenn Sie die Rolle des Projektleiters haben, müssen Sie sich nicht allen Aufgaben allein stellen. Besonders wichtig ist die Beziehung zwischen Ihnen und der Geschäftsführung. Diese muss hinter dem Projekt stehen und Ihnen bei Problemen den Rücken stärken. Ohne deren Unterstützung wird es für Sie schwer, dem Team gegenüber eine Autorität zu entwickeln. Versuchen Sie aber nicht, das ERP-Projekt strikt nach Anweisung der Geschäftsführung durchzuführen. Dies bringt mit hoher Wahrscheinlichkeit Probleme und Widerstände durch die Belegschaft. Sie sind sich noch unsicher? Dann könnten Sie sich beispielsweise durch Schulungen oder Seminare die wichtigsten Grundlagen aneignen, ehe Sie die Projektleitung übernehmen.
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