Warum ist eine Anforderungsanalyse so wichtig?
Ein neues ERP-System wird in folgenden Fällen eingeführt: Wenn entweder noch keines im Einsatz ist oder das bisherige System den Anforderungen nicht weiter gerecht wird. Viele Unternehmen begeben sich meist direkt auf die Suche nach einem geeigneten ERP-Anbieter. Doch oftmals werden spezifische Anforderungen an das System in dieser Phase oft nicht genauer beachtet und hinterfragt – ebenso wenig wie die unternehmerischen Kriterien und Ziele, die man künftig verfolgt. Aber wie wollen Sie herausfinden, welches ERP-System am besten zu Ihnen passt? Vor allem, wenn Sie sich nicht mit den eigenen Prozessen auseinandersetzen? Die Konsequenz zeigt sich häufig während der Umsetzung – Probleme, die hier entstehen, sind nicht selten auf eine schlechte Vorbereitung zurückzuführen. Der erste Schritt sollte deshalb immer sein, eine qualitativ hochwertige Anforderungsanalyse zu erstellen. In diesem Beitrag haben wir alle wichtigen Informationen rund um das Thema Anforderungsanalyse für Sie zusammengetragen.
Was ist überhaupt eine Anforderungsanalyse?
Bevor wir darüber sprechen, wie Sie am besten eine Anforderungsanalyse anfertigen, sollten wir erst ein paar Fragen klären: Was versteht man darunter genau und warum wendet man sie eigentlich an? Eine Anforderungsanalyse wird häufig in der Informatik durchgeführt, kann aber auch in vielen anderen Bereichen Anwendung finden. Bei der Einführung eines ERP-Systems eignet sie sich allerdings besonders gut. Durch eine ausführliche Anforderungsanalyse können Sie Anpassungen im späteren Projektverlauf deutlich reduzieren. Das spart natürlich nicht nur Zeit und Geld, sondern schont auch alle anderen eingesetzten Ressourcen. Bei einer Anforderungsanalyse handelt es sich um ein Dokument, welches noch vor der eigentlichen ERP-Auswahl angefertigt wird. Der Sinn und Zweck dahinter: Vor dem Start des ERP-Projekts sollten Sie sich ausführlich mit der Anforderung an das neue System auseinanderzusetzen. Diese sollten Sie anschließend verständlich dokumentieren. Auch zukünftige Ziele sowie die Strategie des Unternehmens sollten dabei berücksichtigt werden.
Eine Anforderungsanalyse für eine Software wird aber nicht nur benötigt, um die reinen Anforderungen festzuhalten. So lässt sich ermitteln, ob die gewünschten Anforderungen technisch und wirtschaftlich überhaupt umgesetzt werden können. In der Praxis ist es häufig so, dass Probleme, die im Projektverlauf auftreten, im Nachhinein auf Analysefehler zurückgeführt werden können. Alle gesammelten Informationen sollten deshalb im Vorhinein auf Machbarkeit und Risiko geprüft werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten und Methoden, eine solche Analyse durchzuführen. Dazu zählen unter anderem verschiedene Tools, die die Anforderungen analysieren, dokumentieren und verwalten. Die Ergebnisse werden in der Regel anschließend detailliert in ein Lastenheft übertragen. Zu einem späteren Zeitpunkt werden sie in Zusammenarbeit mit dem ERP-Anbieter zu einem Pflichtenheft erweitert. Bei einer Anforderungsanalyse unterscheidet man zwischen funktionalen und nichtfunktionalen Anforderungen:
Funktionale Anforderungen
Bei den funktionalen Anforderungen handelt es sich um spezifische Kriterien, die dem Projekt direkt zugeordnet werden können:
- Was soll das System leisten?
- Auf präzise Formulierungen achten
- Beispiel: „Das ERP-System sollte mindestens 1500 Bestellungen pro Tag verarbeiten können.“
- Auf präzise Formulierungen achten
- Welche Dienste soll es anbieten?
- Eingaben, Verarbeitungen, Ausgaben, Zugriff
- Verhalten in bestimmten Situationen
- Gegebenenfalls: Was soll es explizit nicht tun?
Nichtfunktionale Anforderungen
Bei den nichtfunktionalen Anforderungen handelt es sich um Kriterien, die dem Projekt nicht direkt zugeordnet werden können. Das liegt daran, dass sie nicht nur im ERP-Projekt selbst Anwendung finden. Sie können auch auf andere Projekte und Vorhaben übertragen werden:
- Wie soll das System oder einzelne Funktionen arbeiten (Eigenschaften)?
- Welche Qualitätsanforderungen haben Sie in Bezug auf
- Performanz, Zuverlässigkeit oder Wartbarkeit?
- Anforderungen an die Benutzbarkeit des Systems
- Technische Anforderungen
Warum sollte man eine Anforderungsanalyse durchführen?
Dass eine Anforderungsanalyse der erste Schritt sein sollte, ein ERP-System einzuführen, haben wir nun geklärt. Aber warum eigentlich? Ist es nicht viel einfacher, direkt einen Anbieter zu suchen, um keine wertvolle Zeit zu verlieren? Eine ERP-Einführung scheitert in den seltensten Fällen daran, dass sich kein passender Anbieter finden lässt. Die Systeme sind mittlerweile auf die unterschiedlichsten Branchen, Unternehmensgrößen und Geschäftsbereiche ausgerichtet – so lässt sich für jeden eine passende Lösung finden. Zumal individuelle und spezifische Anpassungen jederzeit möglich sind.
Eine schlechte Vorbereitung ohne Anforderungsanalyse bringt ERP-Projekte zum Scheitern
Eine schlechte Vorbereitung aufgrund mangelnder Kommunikation und Dokumentation ist schon eher ein Grund dafür, dass ein ERP-Projekt scheitert. Je komplexer ein Projekt ist und je mehr Menschen involviert sind, desto schwieriger ist auch die Kommunikation untereinander. Deshalb ist es gerade bei einem ERP-Projekt besonders wichtig, alle relevanten Punkte so detailliert wie möglich festzuhalten. Das Budget und der Aufwand für eine ausführliche Anforderungsanalyse werden jedoch gerne schmal gehalten. Fehler, die erst im Laufe des Projekts entdeckt und anschließend korrigiert werden müssen, sind wesentlich aufwendiger zu beheben – und zudem mit mehr Kosten verbunden.
Vorteile einer Anforderungsanalyse
Klar, eine hochwertige Analyse kostet vor allem Zeit und Geld, ist aber wichtig für den weiteren Projektverlauf. Mit ihr legen Sie sozusagen das Fundament für alle zukünftigen Entscheidungen, die das ERP-Projekt betreffen. Sie dient als Basis für weitere Schritte, wie zum Beispiel die Systemarchitektur, Vertragsgestaltungen oder auch die Kommunikation untereinander. Die Anforderungsanalyse hilft Ihnen somit, das Projekt größentechnisch besser einzuschätzen. Sehen Sie es als eine gute Gelegenheit, das eigene Unternehmen mit allen Strukturen und Prozessen einmal neu zu analysieren – und sich vielleicht auch zu fragen, ob es Bereiche gibt, die man künftig optimieren könnte.
Ein weiterer Vorteil ist, dass eine Anforderungsanalyse dabei hilft, den Überblick zu behalten und einen gemeinsamen Konsens zu schaffen. Jede Abteilung hat vermutlich anderen Input und folglich andere Anforderungen an das System. Diese sollten unbedingt aufeinander abgestimmt und angepasst werden, um Chaos und unnötige Features zu vermeiden. Nicht zuletzt hilft sie natürlich auch dabei, die weitere ERP-Auswahl näher einzugrenzen.
Was sollte in einer Anforderungsanalyse enthalten sein?
Was genau in der Anforderungsanalyse enthalten sein sollte, kann man nicht pauschal sagen. Die Inhalte richten sich stark nach Ihrem individuellen Projekt. Folgende Punkte sind also kein Muss, sondern eher eine Richtlinie, an der Sie sich orientieren können.
Anforderungsermittlung
Zunächst sollten Sie alle funktionalen und nichtfunktionalen Anforderungen, die mit dem ERP-Projekt in Verbindung stehen, sammeln und notieren. Dies gelingt am besten durch Anwendergespräche. Binden Sie Ihre Mitarbeiter unbedingt in den Prozess mit ein. Diese haben in der Regel den besten Blick auf die tatsächlichen Abläufe und Prozesse in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich. Wenn Sie bereits ein Lastenheft aus einem vorherigen Projekt haben, können Sie auch auf dieses zurückgreifen.
Anforderungsanalyse
Im nächsten Schritt sollten Sie die gesammelten Informationen auswerten, klassifizieren und detailliert auf Vollständigkeit prüfen. Vergleichen Sie sie dann mit anderen Anforderungen, um thematisch ähnliche Wünsche zusammenzufassen.
Anforderungsbeschreibung
Wenn Sie alle Anforderungen gesammelt und analysiert haben, sollten Sie diese so detailliert wie möglich in einem Dokument zusammenfassen. Damit die Informationen auch für Außenstehende verständlich sind, ist es ratsam, einzelne Anwendungsfälle zu beschreiben. Aussagen wie „Dieser Prozess ist doch selbstverständlich, das brauchen wir nicht zu dokumentieren“ sollten Sie unbedingt vermeiden. Hier ist der Interpretationsspielraum natürlich sehr groß.
Anforderungsrevision
Die dokumentierten Anforderungen sollten Sie zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal überprüfen. Und falls sich die Anforderungen geändert haben gegebenenfalls anpassen. Dieser Schritt ist nicht unbedingt notwendig, aber ratsam, um den gesamten Prozess kontinuierlich im Blick zu haben.
Neben den Anforderungen sollten aber auch andere Punkte dokumentiert werden. Beschreiben Sie allgemein Ihr Vorhaben und definieren Sie Ihre Ziele. Was erwarten Sie von der Software? Auch der derzeitige Zustand sollte beschrieben werden. Vor allem dann, wenn bereits ein ERP-System im Einsatz ist, mit dem Sie nicht zufrieden sind. Last but not least: Definieren Sie auch unternehmensinterne Begriffe, die nicht für jeden selbstverständlich sind, um Missverständnisse zu vermeiden. Aus diesen Informationen ergibt sich letztendlich eine ausführliche Anforderungsanalyse und gute Basis für die weiteren Schritte.
Zusammenfassung der Anforderungsanalyse
- Anforderungen sammeln und dokumentieren
- funktionale Anforderungen
- nichtfunktionale Anforderungen
- Zielsetzung definieren
- Allgemeine Beschreibung des Vorhabens
- Ist-Zustand beschreiben
- Soll-Zustand beschreiben
- Was erwarten Sie von der Software?
- Abkürzungen sowie Fachsprache definieren
Herangehensweise einer Anforderungsanalyse – so sammeln Sie alle wichtigen Informationen
Leider gibt es auch hier keinen einheitlichen oder vorgeschriebenen Weg, an dem Sie sich orientieren können. Wir können Ihnen aber hilfreiche Tipps und Methoden mit an die Hand geben, um keine wichtigen Informationen zu vergessen. Wie weiter oben bereits erwähnt, sollten Sie damit beginnen, zunächst alle wichtigen Informationen zu sammeln. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Brainstorming
Gemeinsames Brainstorming eignet sich natürlich sehr gut, um in kurzer Zeit viele unterschiedliche Sichtweisen zu hören und Informationen zusammenzutragen. Setzen Sie sich dazu mit Mitarbeitern unterschiedlicher Tätigkeitsbereiche und Abteilungen zusammen. Jeder hat dann die Möglichkeit zu äußern, was er sich von dem neuen System erhofft. Sie werden recht schnell merken, dass sich einige Wünsche überschneiden und andere weit auseinandergehen. Wichtig ist, im nächsten Schritt alle genannten Anforderungen zu selektieren und zusammenzufassen. So sehen Sie recht schnell, welche Anforderungen wichtig sind und welche Sie vielleicht erst einmal im Hinterkopf behalten.
Beobachtung
Bei dieser Methode können Sie beispielsweise einen oder mehrere Mitarbeiter aus unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen bei der täglichen Arbeit begleiten. Dies ist zwar sehr zeitintensiv, aber auch aufschlussreich. Sie erhalten so einen guten Einblick in das Tagesgeschäft und können besser beurteilen, welche Anforderungen wirklich wichtig sind. Außerdem können Sie im direkten Gespräch gezielte Fragen stellen. Wichtig hierbei ist, dass Sie sich nicht im Detail verlieren, sondern das große Ganze betrachten.
Berichten
Diese Methode ist ähnlich zu der vorherigen mit dem Unterschied, dass der entsprechende Mitarbeiter seine Tätigkeit selbst dokumentiert. Dies ist für Sie selbst mit weniger Arbeit verbunden. Der Nachteil ist allerdings, dass die Ansicht des Mitarbeiters immer subjektiv ist – und klare Vorgaben sowie eine hohe Motivation der Mitarbeiter voraussetzt.
Fragebögen
Diese Methode eignet sich besonders gut bei großen Unternehmen mit vielen Mitarbeitern. Hierzu verteilen Sie einfach Fragebögen an die Mitarbeiter oder Verantwortlichen der einzelnen Abteilungen. Achten Sie jedoch darauf, dass die Fragen klar formuliert sind. Ansonsten kann es zu Verständnisproblemen und unterschiedlichen Auffassungen kommen, die nicht direkt besprochen werden können. Beachten Sie außerdem, dass die Auswertung der Fragen wahrscheinlich recht zeitintensiv ist – je nachdem wie viele Mitarbeiter an der Befragung teilnehmen.
Interviews
Diese Herangehensweise ist ähnlich zu der Vorherigen. Der Unterschied: Sie befragen die Mitarbeiter aus den verschiedenen Bereichen direkt, um unterschiedliche Sichtweisen zu erhalten. Auch diese Methode ist sehr zeitaufwendig, jedoch können Fragen und Probleme direkt besprochen werden.
Fazit der Anforderungsanalyse
Achten Sie darauf, die Anforderungsanalyse immer angepasst an das eigene Unternehmen durchzuführen. Nicht jede Methode eignet sich für jedes Unternehmen. Wichtig ist, das Projekt von allen Seiten zu betrachten. So übersehen Sie keine Anforderungen und ziehen alle Wünsche in Betracht. Achten Sie deshalb darauf, neben den eigenen Wünschen auch die Sichtweisen der zukünftigen Nutzer zu berücksichtigen. Sie sind schließlich diejenigen, die im Alltag mit der Software arbeiten. Wenn Sie sich dennoch unsicher sind, wie Sie am besten vorgehen sollen, können Sie auch einen externen Berater hinzuziehen. Dieser kann neue Perspektiven aufzeigen und schützt vor Betriebsblindheit.
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